100 Jahre Hannoveraner-Verband

 

100 Jahre Hannoveraner-Zucht in DAN


ZUCHTTRADITION

Der Hannoveraner-Verband feiert seinen 100. Geburtstag. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg schlossen sich Pferdezüchter aus dem Raum Hannover zusammen. Damals hatte die Hannoveraner-Zucht bereits eine über 200-jährige Tradition. Kurfürst Georg II. von Hannover gründete bereits 1735 das Landgestüt Celle, um der bäuerlichen Zucht ausgesuchte Hengste zur Verfügung zu stellen. Mit der minuziösen Aufzeichnung der Bedeckungen wurde die Grundlage für das Hannoversche Stutbuch gelegt. Im Jahre 1975 fusionierte der Hannoveraner-Verband mit dem Ostfriesischen Stutbuch, 2005 kam der Verband hessischer Pferdezüchter und 2014 schließlich das Rheinische Pferdestammbuch hinzu. Heute ist der Hannoveraner-Verband mit 90 Pferdezuchtvereinen, 7348 aktiven Mitgliedern und 14490 eingetragenen Stuten einer der erfolgreichsten Zuchtverbände der Welt. Sein Markenzeichen, das H mit den Pferdeköpfen, steht für eine moderne Reitpferdezucht.


Erfolgspferde made in DAN

Wo immer man den Auktions-, Hengstkatalog oder die Starterliste eines Turniers durchblättert, liest man von ihnen: den Erfolgspferden aus DAN.


Nicht selten werden Preisrekorde für sie erzielt - wenn auch das ganz große Geld häufig erst beim Wiederverkauf fällig wird. Ihre klangvollen Namen sind Stakki (60000 Euro) aus der Zucht der Familie Ebel aus Siemen, Wellness (89000 Euro) aus dem Stall von Fritz von Blottnitz aus Grabow, London’s Cub (230000 Euro), gezogen von Ilse und Wilhelm Niebel aus Quartzau oder Der Designer (1,1 Millionen Euro), geboren bei Bianca Helmcke in Teichlosen.

Auf der Elite-Auktion 2009 wurde Stakki aus der Zucht von Familie Ebel aus Siemen versteigert. Für 60000 Euro wechselte das Springtalent in das Gestüt Sprehe. Das Foto zeigt die Vierjährige auf der Verbandsstutenschau in Verden. Foto: B. Helmcke


Mit einer Lebensgewinnsumme von 530000 Euro ist Quibelle international erfolgreich unterwegs. Die Braune erblickte bei Jörn Masche in Tülau das Licht der Welt. Sie war einst ein Luhmühler Auktionsfohlen und wird augenblicklich von der Tochter des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters geritten. Ebenfalls auf internationalem Parkett zuhause ist Samba de Janeiro aus dem Stall von Christa Marklewitz in Plate. Die Lebensgewinnsumme der Fünfzehnjährigen beläuft sich auf 118304 Euro.


Häufig beginnen Sportpferdekarrieren wie die von Colorado auf dem Dannenberger Pferdeverkaufstag. Der Schimmel und sein Reiter Thilo Schulz aus Bergen an der Dumme können auf Platzierungen in S***-Springen verweisen und einen Sieg im Barrierespringen über 1,95 Meter. Gezogen hat den Parcourhelden Jörg Sültemeier aus Dünsche.


Aus dem Zuchtstall Hubertus Trapp aus Kähmen stammt Wienerwirbel. Das Pferd schmückt das Logo der Pferdezucht-AG. Mit seinem Reiter Carsten-Otto Nagel gewann der Wienerwald-Sohn im Jahr 1999 das Hamburger Derby.


Zu Hedi Frankes liebsten Trophäen gehören eine Goldmedaille und ein gerahmtes Foto - „Landesmeisterin Niedersachsen 2010“ ist darauf in großen Lettern zu lesen. Es zeigt die Springreiterin Imke Harms auf der Stute Ecola. Die beiden waren im Finale auf der Landesmeisterschaft der Dressur- und Springreiter in Hannover das Maß der Dinge. Als Dank schenkte die zweifache deutsche Meisterin der Züchterin aus Spranz ihre Goldmedaille.


Eine Silbermedaille für ein Pferd aus Predöhlsau gab es bei den Olympischen Spielen in Sydney. Im Sattel von Dulf sicherte sich Lesley McNaught im Springen mit der Mannschaft den zweiten Platz für die Schweiz. Züchter des Don Juan-Sohnes ist Werner Lange.


Der Bundeschampion der Freizeitpferde 2011 wurde bei Matthias Vorreier in Aulosen geboren. Danilo erwies sich als bestes junges Pferd der Deutschen Reitpferde und Ponys in Sachen Rittigkeit und Gehorsam. Er brillierte im Fremdreitertest, den Grundgangarten und im Geländeritt.

Ein Vielseitigkeitspferd mit Perspektive ist Dinathia. Die von Familie Kaiser in Lüsen gezogene Schimmelstute hat sich in diesem Jahr zum zweiten Mal für das Bundeschampionat qualifiziert. Geritten wird sie von der Schwedin Sara Algotsson-Ostholt.

 

Die von Familie Kaiser aus Lüsen gezogene Dinathia hat sich in diesem Jahr wieder für das Bundeschampionat qualifiziert. Hier ist sie als Fohlen auf dem Züchtertag 2016 in Dannenberg zu sehen. Foto: B. HelmckeAuch eine aktuelle Bundeschampionesse kann die AG vorweisen. Candy Noir setzte sich an die Spitze der sechsjährigen Fahrpferde in Warendorf. Die Stute stammt aus der Zucht von Ute Lücke aus Barleben.


Der von Werner Kaiser gezogene Fariano war Weltklasse. Seine Springabstammung ist für ein Grand Prix-Pferd ungewöhnlich. Mit dem heutigen Co-Bundestrainer Johnny Hilberath belegte er, ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem Sport, Platz 74 der Weltrangliste. Zu den erfolgreichsten internationalen Dressurpferden mit hiesiger Kinderstube gehört De Noir aus der Zucht von Meike Fischer. Der Rappe, der in Bussau das Licht der Welt erblickte, ist inzwischen in den USA zuhause.

 

Derlei Erfolge sind nur auf einer hervorragenden Stutengrundlage zu erzielen. Eine der bekanntesten Stuten des Landkreises ist Alsterröschen aus der Zucht von Franz Lüth. Der Gastwirt und Züchter aus Brandleben hat ihre Agram-Mutter noch einmal mit dem Springhengst Agram angepaart. Alsterröschen hat außergewöhnliche Springpferde hervorgebracht. Wer die 1961 Geborene im Pedigree hat, weist heute noch voller Stolz darauf hin. Auch die Zucht von Otto Wiegmann aus Groß Gusborn geht auf diese Stute zurück.

Donna Dinara verkaufte Familie Wiegmann 2003 über eine Verdener Elite-Auktion. Sie ist die Mutter des mit 150000 Euro teuersten Auktionspferdes der Elite-Auktion 2012. Foto: Hannoveraner-Verband

An die 30 zu Elite-Auktionen zugelassene Reitpferde gehen auf sein Konto. Regelmäßige Beschicker von Verdener Auktionen sind ebenfalls Christa Westermann aus Dannenberg, Horst Seide aus Damnatz und Familie Meyer aus Meetschow.

 

Fritz von Blottnitz (links) erhielt zweimal den Wanderehrenpreis für die beste Stutenfamilie des Lüneburger Bezirksverbands. Bei der Preisübergabe dabei ist sein Initiator Friedrich Jahncke (Dritter von links). Foto: privatFritz von Blottnitz vom Untergut Grabow erhielt für seine Stutenfamilie gleich zweimal die Bronzeminiatur Dieta mit Fohlen. Dieser von Friedrich Jahncke aus Bückau ins Leben gerufene Wanderehrenpreis wird jährlich für die beste Stutenfamilie des Lüneburger Bezirksverbands vergeben. Mutter seiner beiden Siegerfamilien war die Stute Sinophi, die selbst mehrfach als beste Stute der Lüchow-Dannenberger Schau ausgezeichnet wurde. Etwas ganz Besonderes ist es auch, wenn aus den Töchtern einer Stute zwei komplette Familien ausgestellt werden. Diese züchterische Meisterleistung gelang Familie Jahncke. Sieger und mit dem Prädikat „Elitefamilie“ ausgezeichnet wurden drei Don Juan-Töchter aus der Oculi xx.

 

Gesine Jahncke präsentiert ein Foto, das zwei Familien aus der Stute Oculi xx aus dem Jahr 2003 zeigt. Foto:B. Helmcke

Ein gekörter Hengst gilt unter Züchtern als Ritterschlag. Schließlich erhält nur ein Prozent der männlichen Nachkommen eines Jahrgangs das positive Körurteil. Ein solches Ausnahmepferd haben folgende Personen gezogen: Christine Ahrens, Clenze - Uwe Brennenstuhl, Lüchow - Meike Fischer - Cornelia Gedenk aus Legde – Bianca Helmcke - Familie Henke, Satemin - Conrad Jirjahn, Meuchefitz - Familie Kaiser - Hans-Joachim Krause, Guhreitzen – Familie Sauer/Struck, Groß Gusborn - Jörg Sültemeier - Dieter Zellmann, Woltersdorf - Otto Wiegmann.


Die Pferdezucht-AG – Zusammenschluss macht stark

„Bei uns gilt: Wer Zuchtstute wird, gehört zur Familie“, beschreibt der aktuelle Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Pferdezuchtvereine (Pferdezucht-AG) Thomas Kaiser die Verbundenheit der Züchter zu ihren Stuten. Vor 71 Jahren haben sich die bis heute eigenständigen drei Pferdezuchtvereine (PZV) zu einer derzeit 260 Mitglieder und 280 Stuten starken Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Ziel dieses Zusammenschlusses ist die gemeinsame Ausrichtung jährlich wiederkehrender Veranstaltungen wie dem Dannenberger Freispringwettbewerb, der Stuten- und Fohlenschau, dem Dannenberger Pferdeverkaufstag sowie der alle vier Jahre stattfindenden Stutenpräsentation auf der Kreistierschau. Veranstaltungen, die wegen des qualitätsvollen Pferdematerials und ihrer familiären Atmosphäre von Pferdefreunden aus dem gesamten Bundesgebiet und dem nahen Ausland geschätzt werden.

 Der Dannenberger Verkaufstag ist schon lange kein Geheimtipp mehr. Für Pferdefreunde, die den direkten Kontakt zum Züchter schätzen, ist er ein fester Termin im Kalender. Foto: B. HelmckeDrei Jahre lang führt Thomas Kaiser, Vorsitzender des Lüchower PZV die Pferdezucht-AG, dann übernimmt turnusmäßig ein anderer PZV-Vorsitzender die Federführung. An der Spitze des Dannenberger Vereins steht Hubertus Trapp. Der PZV Gartow wird von Heinrich Meyer angeführt. Mit 146 Jahren ist der PZV Gartow der älteste der hiesigen Vereine, gefolgt von Lüchow mit 122 Jahren und Dannenberg mit 108 Jahren. Alle drei PZV ziehen an einem Strang. Nur so lassen sich die immer komplexeren Aufgaben von Verband und Markt meistern.

 

Anlässlich des 30. Verkaufstags wurden Initiatoren und langjährige Mitstreiter geehrt (3. bis 7. v. l.): Hermann Haane, Dr. Matthias Herbst, Karl-Ekkehard Lietzing, Christa Westermann und Horst Seide. Auf dem Foto fehlt Fritz von Blottnitz. Für ihre Verdienste bedankten sich im Namen der Pferdezüchter (v.l.) Hubertus Trapp, Thomas Kaiser und Heinrich Meyer. Foto: B. HelmckeDas hat sich herumgesprochen und zieht Mitglieder jenseits der Kreisgrenzen an. Die Begeisterung, mit der hier Pferdezucht betrieben wird, bringt auch Verbandsgrößen mit Herz und Sachverstand hervor. So wie Friedrich Jahncke, der zwölf Jahre lang als Vorsitzender die Geschicke des Hannoveraner-Verbands lenkte.

Die Ankunft von Hengst und Gestüter Eckhart Wrede (Foto) auf der Deckstelle Splietau läutet die neue Zuchtsaison ein. Die Züchter feiern dies mit einem gemeinsamen Frühstück. Foto: B. Helmcke
Nach wie vor eng verbunden fühlen sich die Züchter mit dem Niedersächsischen Landgestüt Celle. Mit Gestüthauptwärter Eckhart Wrede, Leiter der Deckstelle Splietau, steht den Züchtern ein engagierter Pferdeexperte zur Seite. In Splietau standen auch die Stempelhengste Don Juan und Wienerwald, die die Pedigrees der hiesigen Springstämme stark geprägt haben.


Als eine der ersten bot die AG die Zuchtstutenprüfung in Kombination mit der Stutbuchaufnahme und Schau an. Der Kombinationstermin wird auch von auswärtigen Züchtern stark frequentiert. Seit dem letzten Jahr richtet die AG die Veranstaltung auf dem Sattelhof Steffen in Nebenstedt aus. Auch der Freispringwettbewerb und der zwei Wochen vor Weihnachten stattfindende Pferdeverkaufstag ist dorthin umgezogen. Nachdem Letzterer zweimal digital stattfinden musste, gibt es in diesem Jahr hoffentlich wieder eine analoge Auflage. Denn Veranstalter, Züchter und Stammkundschaft vermissen den persönlichen Kontakt.


Ihre Fohlen vermarkten die Lüchow-Dannenberger Züchterinnen und Züchter bevorzugt auf den Auktionen in Luhmühlen und Verden. Die Luhmühlener Fohlenauktion wird von der Arbeitsgemeinschaft Lüneburg-Nord ausgerichtet, zu der auch die drei hiesigen PZV gehören. Der Anteil der AG-Qualitätsfohlen an der Kollektion der Luhmühlener Auktion ist regelmäßig hoch.


Die Fohlen werden größtenteils während der Fohlenschau auf dem herrlichen Mehrzweckplatz in Lüchow zugelassen. Die Beurteilung des Nachwuchses erfolgt in vier Abteilungen im offenen, getrennten Richtverfahren. Die dreiköpfige Jury wird dabei von den Jungzüchtern (JZ) und Trainerin Birgit Stute aus Breese in der Marsch unterstützt. Sie halten die Wertnoten hoch und lernen nebenbei eine Menge über Pferdebeurteilung.

Der Freispringwettbewerb fand in diesem Jahr zum 13. Mal statt. Hier ist die Siegerstute von 2016 zu sehen, die von ihrem Züchter Hagen Schünemann gehalten wird. Über seinen Erfolg freuen sich die Jungzüchter nebst JZ-Trainerin Birgit Stute (Zweite von links) sowie (von rechts) die Richter Joachim Winter und Pico Hannöver. Foto: B. HelmckeAuf dem letzten überregionalen JZ-Trainingstag in Dannenberg hat Birgit Stute einen Hobby Horsing-Parcours aufgebaut. Bei der Fun-Sportart werden mit Steckenpferden (engl. hobby horses) die Bewegungsabläufe des Dressur- und Springreitens simuliert. Für Anfänger sowie Kinder und Jugendliche mit Handicap gab es in den klassischen JZ-Prüfungen erstmalig eine eigene fünfte Abteilung. Die Teilnehmer dieser Abteilung stellten ihren vierfüßigen Wettkampfpartner ausschließlich an der Hand im Schritt vor oder sie wählten einen Jungzüchter, der die Präsentation übernahm.


Besonderen Wert legt die AG auf ihre Präsenz im weltweiten Netz. Seit 22 Jahren informiert sie stets aktuell über ihre Aktivitäten auf den Homepages
www.pferdevermarktung.de und www.pferdeverkaufstag.com.

Text: B. Helmcke - 19. August 2022